Arbeitnehmer krank? Bei Entgeltfortzahlung nichts verschenken!

Häufig wird in der Praxis der Entgeltfortzahlungszeitraum nicht korrekt berechnet.

Dies liegt daran, dass das einschlägige Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) komplexe Regelungen zur Bestimmung der Dauer des Entgeltfortzahlungszeitraumes enthält.

Die Fachanwälte für Arbeitsrecht der Kanzlei Croset erklären, was betroffene Arbeitnehmer und Arbeitgeber hierzu wissen müssen.

Ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall setzt gemäß § 3 Abs. 1 EFZG Folgendes voraus:

  • anspruchsberechtigter Arbeitnehmer
  • Arbeitsverhinderung durch AU
  • Arbeitsverhinderung infolge Krankheit
  • Arbeitsverhinderung ohne Verschulden

Attest
Liegen diese Voraussetzungen vor, besteht als Rechtsfolge für den Arbeitgeber die Verpflichtung für bis zu sechs Wochen das Arbeitsentgelt fortzuzahlen.

Anspruchsberechtigt sind alle Arbeitnehmer, d. h. Arbeiter und Angestellte, die aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages im Dienste eines anderen verpflichtet sind; Selbstständige oder Beamte sind daher nicht anspruchsberechtigt.

Auch Teilzeitkräfte, geringfügig Beschäftigte, Aushilfskräfte sowie befristet Beschäftigte haben Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach dem EFZG. Das Arbeitsverhältnis muss vier Wochen ununterbrochen bestanden haben, § 3 Abs. 3 EfZG.

Die Krankheit an sich ist noch nicht Voraussetzung für den Entgeltfortzahlungsanspruch. Erst wenn sie zur Arbeitsunfähigkeit führt, besteht ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn der Arbeitnehmer wegen der Schwere der Erkrankung seine arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit objektiv nicht ausüben kann oder nicht ohne Gefahr der Verschlimmerung der Krankheit.

In der Regel wird die Arbeitsunfähigkeit vom Arzt beurteilt.

In diesem Zusammenhang unbedingt zu beachten, ist das Prinzip der Alleinursächlichkeit (sog. „Monokausalität“) der Arbeitsunfähigkeit. Nur wenn die Arbeitsunfähigkeit die alleinige Ursache für die Arbeitsverhinderung ist, entsteht der Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.

Im Falle eines Streiks aller Arbeitnehmer und der damit einhergehenden Stilllegung des Betriebes entfällt der Vergütungsanspruch. Ist der Arbeitnehmer krank, so erhält er dennoch keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.

Das unproblematischste Beispiel für die Bestimmung des Entgeltfortzahlungszeitraumes ist, dass der Arbeitnehmer z. B. wegen einer Lungenentzündung sieben Wochen ohne Unterbrechung krankgeschrieben ist.

Sodann zahlt der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt für die erste bis zum Ablauf der sechsten Woche weiter. Fraglich ist jedoch, wie weit die Verpflichtung des Arbeitgebers reicht, wenn der Arbeitnehmer erstens nicht durchgängig und zweitens nicht aufgrund derselben Krankheit krankgeschrieben ist.

Entgeltfortzahlung – Beispiele

Beispiel 1: A ist wegen eines Bandscheibenvorfalls im März für 4 Wochen arbeitsunfähig erkrankt sowie im Mai erneut wegen eines Bandscheibenvorfalls für drei Wochen.

Lösung: Da A jeweils aufgrund derselben Krankheit krankgeschrieben wurde, erhält er Entgeltfortzahlung für die vier Wochen im März und nochmals für zwei Wochen im Mai, weil dann der Sechs-Wochen-Zeitraum ausgeschöpft ist.

Beispiel 2: A ist wegen eines Bandscheibenvorfalls im März für 4 Wochen arbeitsunfähig erkrankt. A ist vom 01.08.2012 bis zum 15.08.2012 (2 Wochen) erneut wegen des Bandscheibenvorfalls krankgeschrieben. Am 16.08.2012 geht er regulär zur Arbeit. Am 17.08.2012 zieht er sich eine Erkältungskrankheit zu und wird daraufhin ab dem 17.08.2012 bis zum 24.08.2012 aufgrund dieser Erkrankung krankgeschrieben.

Lösung: Am 15.08.2012 laufen die sechs Wochen Entgeltfortzahlung aus. Dennoch muss der Arbeitgeber auch für die „7. Woche“ ab dem 17.08.2012 bis zum 24.08.2012 Entgeltfortzahlung leisten. Denn bei der Erkältungskrankheit handelt es sich um eine gegenüber dem Bandscheibenvorfall als neu einzustufende Krankheit.

Denn die Erkältungskrankheit hat eine andere Ursache und beruht nicht auf demselben Grundleiden wie der Bandscheibenvorfall. Das bedeutet, dass ab dem 17.08.2012 der Sechs-Wochen-Zeitraum für diese neue Erkrankung neu zu laufen beginnt.

Beispiel 3: A ist wegen eines Bandscheibenvorfalls im März für 4 Wochen arbeitsunfähig erkrankt. Vom 12.03.2012 bis zum 16.03.2012 wird er zusätzlich krankgeschrieben wegen einer Erkältungskrankheit.

Lösung: Beim Hinzutritt einer neuen zu einer bereits vorhandenen Krankheit besteht kein neuer Entgeltfortzahlungsanspruch, demnach beginnen die sechs Wochen ab dem 12.03.2012 nicht erneut zu laufen. Es ist also zum einen stets zu unterscheiden zwischen „anderer“ und „derselben“ Krankheit. Zum anderen kommt es auf den Zeitpunkt an, wann eine andere bzw. dieselbe Krankheit eintritt.

Sind Sie nicht sicher, ob Ihr Arbeitgeber den Entgeltfortzahlungszeitraum korrekt bestimmt hat, sollten Sie sich fachkundig beraten lassen.

Denn ein ggf. längerer Entgeltfortzahlungszeitraum wirkt sich insoweit positiv für Sie aus, als Sie länger Ihr volles Gehalt erhalten. Denn nach Ende der Entgeltfortzahlungsverpflichtung Ihres Arbeitgebers erhalten Sie Krankengeld, welches lediglich 70 % vom Bruttolohn beträgt.

In keinem Fall sollten Sie Ihren Arbeitgeber über Diagnosen oder sonstige Details Ihres Gesundheitszustandes informieren, ohne vorher einen Fachanwalt für Arbeitsrecht kontaktiert zu haben.

Zudem gilt es auch zu beachten, dass Ihnen der Arbeitgeber während der Arbeitsunfähigkeit nicht nur die Bruttogrundvergütung zahlen muss, sondern auch z. B. Erschwerniszulagen, Sozialzulagen (Familien, – Kinder- oder Ortszulagen), Nachtarbeits-, Sonn- oder Feiertagszuschläge.

Sind Sie nicht sicher, ob Sie den Entgeltfortzahlungszeitraum korrekt bestimmt haben, sollten Sie sich von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht beraten lassen.

Denn u. U. endete Ihre Entgeltfortzahlungsverpflichtung vorzeitig, so dass Sie keine Vergütung mehr fortzahlen müssten, weil die Krankenkasse bereits verpflichtet gewesen wäre, Krankengeld zu zahlen. Auskünfte der Krankenkasse sollten Sie stets genau prüfen.

Bitte beachten Sie auch, dass Sie Ihrem Arbeitnehmer während des Sechs-Wochen-Zeitraumes nicht nur die Grundvergütung, sondern auch z. B. Erschwerniszulagen, Sozialzulagen (Familien, – Kinder- oder Ortszulagen), Nachtarbeits-, Sonn- oder Feiertagszuschläge zahlen müssen.

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