Betriebsbedingte Kündigung
7 wichtige Hinweise vom Fachanwalt
Betriebsbedingte Kündigung: Worum geht es?
Die meisten Kündigungen in Deutschland werden aus betriebsbedingten Gründen ausgesprochen.
Oftmals ist eine betriebsbedingte Kündigung jedoch juristisch anfechtbar, weil zumindest zweifelhaft ist, ob der Arbeitgeber alle dafür geltenden gesetzlichen Vorgaben eingehalten hat.
Betroffene Arbeitnehmer müssen innerhalb von drei Wochen gegen die Kündigung eine sogenannte Kündigungsschutzklage einlegen.
Sonst sind Sie Ihren Arbeitsvertrag und Ihren Arbeitsplatz in der Regel los.
Erfahren Sie in diesem Beitrag unter anderem, was eine betriebsbedingte Kündigung ist, wie die Voraussetzungen dafür aussehen, wer besonderen Kündigungsschutz genießt, wie das mit der Sozialauswahl läuft und worauf es in Bezug auf Abfindung und Arbeitslosengeld zu achten gilt.
Was bedeutet "betriebsbedingt gekündigt"?
Wenn das Arbeitsverhältnis unter das Kündigungsschutzgesetz fällt, kommt eine betriebsbedingte Kündigung durch den Arbeitgeber nur in bestimmten Fällen infrage.
Darunter zählen, wenn die Weiterbeschäftigung des betroffenen Arbeitnehmers wegen einer Umorganisation des Betriebs durch den Arbeitgeber nicht mehr möglich ist, für den Mitarbeiter keine freie andere Stelle vorhanden ist und eine sogenannte Sozialauswahl auf den Mitarbeiter fällt.
Dies gilt allerdings nur in Unternehmen mit mehr als zehn Mitarbeitern. In seltenen Ausnahmefällen auch mit mehr als fünf Mitarbeitern). Außerdem muss das Arbeitsverhältnis mindestens sechs Monate bestanden haben. Dabei handelt es sich um die sogenannte Wartefrist, die allerdings nicht mit der Probezeit verwechselt werden darf.
Andernfalls sind der persönliche und betriebliche Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) nicht eröffnet.
Voraussetzungen für eine betriebsbedingte Kündigung
2.1. Betriebliche Erfordernisse / Unternehmerische Entscheidung
Betriebliche Erfordernisse, die eine betriebsbedingte Kündigung ermöglichen, beruhen auf einer unternehmerischen Entscheidung, die zu einem dauerhaften Wegfall von Arbeitsbedarf im Unternehmen führt. Wirtschaftliche Schwierigkeiten geben dafür nicht unbedingt den Ausschlag.
Entsprechende Umstrukturierungen dürfen auch bei einer positiven Geschäftsentwicklung vorgenommen werden.
2.2. Dringlichkeit / keine andere Beschäftigungsmöglichkeit
Dringlichkeit für die Kündigung ist gegeben, wenn es im Unternehmen keine Möglichkeit für eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers gibt. Sollte es in dem Unternehmen also freie Arbeitsplätze geben, die der Arbeitnehmer besetzen könnte, darf der Arbeitgeber in aller Regel keine Kündigung aussprechen.
2.3. Sozialauswahl
Bei der Entscheidung, welche Arbeitnehmer gekündigt werden sollen, muss der Arbeitgeber soziale Gesichtspunkte (Sozialauswahl), wie
- Dauer der Betriebszugehörigkeit
- Alter
- Familienstand/Unterhaltsverpflichtungen
ausreichend berücksichtigen.
Dabei wird die Sozialauswahl bei einer betriebsbedingten Kündigung allerdings nur zwischen den miteinander vergleichbaren Mitarbeitern vorgenommen.
Miteinander vergleichbar sind solche Mitarbeiter, die Ihrem Arbeitsvertrag nach auf den anderen Arbeitsplatz versetzbar sind (arbeitsvertragliches Direktionsrecht), auf der gleichen hierarchischen Stufe stehen und ihrer Ausbildung und ihrem Kenntnisstand nach die andere Tätigkeit auch tatsächlich übernehmen könnten.
Von der Sozialauswahl ausgenommen sind unkündbare Mitarbeiter sowie Personen, auf die das Unternehmen aufgrund spezieller Qualifikationen oder anderer betrieblicher Erfordernisse nachweislich nicht verzichten kann.
Gibt es Mitarbeiter, die einen besonderen Kündigungsschutz genießen?
Einige Mitarbeitergruppen genießen einen besonderen Kündigungsschutz, so dass sie nicht oder nur unter strengen Auflagen gekündigt werden können.
Hierzu gehören insbesondere:
- Schwerbehinderte Mitarbeiter
- Schwangere und Frauen im Mutterschutz
- Betriebs- bzw. Personalräte
- Unkündbare Mitarbeiter (Unkündbarkeitsklauseln für bestimmte Mitarbeiter werden beispielsweise in Tarifverträge aufgenommen).
- Personen in Elternzeit ab dem Zeitpunkt des Antrags darauf
Ist eine betriebsbedingte Kündigung eine ordentliche Kündigung?
Der Arbeitgeber muss bei Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung in aller Regel die gesetzliche bzw. vertragliche Kündigungsfrist einhalten. Eine fristlose, betriebsbedingte Kündigung ist nicht möglich. Jedoch besitzt er das Recht, betroffene Mitarbeiter unmittelbar von der Arbeit freizustellen.
Bis zum fristgemäßen Ende des Arbeitsverhältnisses haben freigestellte Arbeitnehmer Anspruch auf ihr Gehalt, entsprechende Urlaubstage sowie andere betriebliche Leistungen, die im Arbeitsvertrag vereinbart wurden oder sich aus einem Tarifvertrag ergeben.
In Ausnahmefällen ist eine betriebsbedingte Kündigung fristlos in Form einer auf betriebliche Gründe gestützten außerordentlichen Kündigung möglich.
Rechtens ist sie dann, wenn eine Weiterbeschäftigung unkündbarer Mitarbeiter für den Arbeitgeber unzumutbar wäre, da für sie grundsätzlich keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr besteht, das Arbeitsverhältnis jedoch noch über Jahre aufrechterhalten werden müsste, obwohl für die Vergütung keine Gegenleistung mehr erbracht wird.
In solchen Fällen ist der Arbeitgeber allerdings verpflichten, betroffenen Mitarbeitern eine Auslauffrist aus sozialen Gründen zu gewähren.
Welche Abfindung gibt es bei einer betriebsbedingten Kündigung?
Die Erfahrung zeigt, dass Arbeitnehmer bei Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung in mindestens 80 % der Fälle eine Abfindung erzielen können. Allerdings ist der Arbeitgeber bei betriebsbedingten Kündigungen nicht in jedem Fall verpflichtet, den ausscheidenden Mitarbeitern eine Abfindung zu zahlen.
Eine Abfindungszahlung ist lediglich dann verpflichtend, wenn sie in einem Sozialplan, im Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vorgesehen ist.
Häufig werden Ansprüche auf Abfindung in einem Kündigungsschutzprozess erstritten. Dabei ist die Höhe der Abfindung grundsätzlich Verhandlungssache, häufig kommt es hier auf das Verhandlungsgeschick des Rechtsanwaltes oder Fachanwaltes für Arbeitsrecht an.
Allerdings hat es sich bei den Arbeitsgerichten herauskristallisiert, dass häufig ein halbes Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr angeboten wird. Hierbei handelt es sich allerdings nur um eine unverbindliche Faustformel, von der nach oben und nach unten abgewichen werden kann.
Zudem kann der Arbeitgeber bereits im Rahmen des Kündigungsschreibens anbieten, dass er dem Arbeitnehmer eine Abfindung i.H.v. 0,5 Bruttomonatsgehälter pro Beschäftigungsjahr zahlt, falls dieser keine Kündigungsschutzklage einlegt.
Liegt der Arbeitnehmer dann tatsächlich keine Klage beim Arbeitsgericht ein, hat er sofort Anspruch auf genau diese Abfindung. Häufig nehmen Arbeitnehmer dieses Angebot jedoch nicht an, weil sie davon ausgehen, dass sie in einem Kündigungsschutzverfahren eine höhere Abfindung erzielen können.
Häufig kann davon ausgegangen werden, dass ein Arbeitgeber, der bereits im Rahmen der Kündigungserklärung ein Abfindungsangebot macht, erhebliche Zweifel hinsichtlich der Wirksamkeit einer Kündigung hat.
Betriebsbedingte Kündigung und Arbeitslosengeld
Arbeitnehmer sind oft unsicher, ob eine betriebsbedingte Kündigung das Arbeitslosengeld beeinflusst, wenn sie eine Abfindung für den Verlust ihres Arbeitsplatzes erhalten haben. Einen solchen Einfluss gibt es jedoch nicht, auch Sperrfristen sind für diesen Fall nicht vorgesehen.
Erhält der Arbeitnehmer eine Abfindung, wird diese nicht auf das Arbeitslosengeld angerechnet, sofern die Parteien nicht die Kündigungsfrist verkürzen!
Mitarbeiter sind lediglich dazu verpflichtet, eine angekündigte oder bereits erfolgte betriebsbedingte Kündigung unverzüglich der Agentur für Arbeit anzuzeigen.
Eine Sperrfrist für das Arbeitslosengeld kann sich dagegen aus einem Aufhebungsvertrag ergeben. Verhängt wird sie durch die Arbeitsagentur in der Regel nicht, wenn aus dem Aufhebungsvertrag eindeutig hervorgeht, dass er eine betriebsbedingte Kündigung ersetzt.
Wann ist eine betriebsbedingte Kündigung unwirksam?
Für die Unwirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung kann es zahlreiche Gründe geben:
- Die Kündigung wurde nicht in Schriftform vorgenommen.
- Sie wurde nicht korrekt oder nicht von den dazu berechtigten Personen unterschrieben.
- Die Zustellung der Kündigung lässt sich nicht belegen.
- Ein im Unternehmen vorhandener Betriebsrat wurde nicht oder nicht richtig angehört oder hat der Kündigung widersprochen. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der Arbeitnehmer in aller Regel erst im Prozess herausfinden kann, ob der Betriebsrat richtig angehört wurde. Denn erst im Prozess werden die entsprechenden Unterlagen vorgelegt.
- Die Vorgaben des Kündigungsschutzgesetzes wurden nicht eingehalten. Gründe dafür können beispielsweise eine fehlerhafte Sozialauswahl oder das Vorhandensein anderer Beschäftigungsmöglichkeiten im Unternehmen – gegebenenfalls nach einer entsprechenden Weiterbildung – sein.
- Ein eventuell bestehender Sonderkündigungsschutz wurde missachtet.
- Die Kündigung wurde nicht klar formuliert.
- Wenn ein Unternehmen mehreren Mitarbeitern betriebsbedingt kündigt, kann es abhängig von der Zahl der entlassenen Mitarbeiter und der Firmengröße zu einer Massenentlassungsanzeige bei der Agentur für Arbeit verpflichtet sein. Wenn diese Anzeige nicht oder nicht in korrekter Form erfolgt, resultiert daraus ebenfalls die Unwirksamkeit der Kündigung.
Ob eine betriebsbedingte Kündigung während einer Krankheit des Arbeitnehmers ausgesprochen wurde, hat dagegen keinen Einfluss auf ihre Wirksamkeit. Es ist ein weitverbreiteter Irrglaube, Arbeitgeber könnten während einer Krankheit oder Arbeitsunfähigkeit ein Arbeitsverhältnis nicht kündigen.
Tipps für Arbeitnehmer
Nach dem Erhalt des Kündigungsschreibens haben Sie exakt drei Wochen Zeit, um zu entscheiden, ob Sie sich gegen die betriebsbedingte Kündigung mit einer Kündigungsschutzklage wehren.
Vor allem bei Kündigungen ohne Abfindungsangebot sollten Sie diesen Schritt auf alle Fälle in Erwägung ziehen.
Ihr Arbeitgeber ist durch eine Kündigungsschutzklage gezwungen, vor Gericht auf detaillierte Art und Weise zu belegen, dass die Kündigung rechtens ist. In der Praxis ist eine betriebsbedingte Kündigung häufig unwirksam und kann erfolgreich angefochten werden.
Viele Unternehmen versuchen, langwierige Rechtsstreitigkeiten im Vorfeld einer Kündigungsschutzklage durch ein nachgebessertes Abfindungsangebot oder einen Aufhebungsvertrag zu vermeiden.
Auf die juristische Vertretung durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht sollten Sie daher auf keinen Fall verzichten. Ihr Anwalt prüft, welche Erfolgschancen Sie mit einer Kündigungsschutzklage haben und reicht gegebenenfalls die Klage für Sie ein. Außerdem übernimmt er die Kommunikation mit Ihrem Arbeitgeber Bzw. dessen Rechtsanwälten.
Wer die komplexen Regelungen des Rechts der betriebsbedingten Kündigung nicht kennt, wird hier kein optimales Ergebnis erzielen. Der Umgang mit betriebsbedingten Kündigungen ist etwas für Profis, d. h. Fachanwälte für Arbeitsrecht.
Für eine kostenlose Ersteinschätzung Ihres Falls rufen Sie an unter 030 315 68 110 oder schreiben Sie eine Nachricht an kanzlei@ra-croset.de.
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