Fristlose Kündigung

Das sollten Sie wissen!

Die fristlose Kündigung bezeichnet eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses, bei der keine Kündigungsfrist gilt. Oft wird die fristlose Kündigung auch als außerordentliche Kündigung bezeichnet: Was ist also der Unterschied zwischen fristloser Kündigung und außerordentlicher Kündigung? Die Bezeichnung als fristlos bezieht sich auf die Konsequenz der Kündigung, also darauf, dass keine Frist bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses gilt. Die Bezeichnung als außerordentlich bezieht sich hingegen auf den Grund der Kündigung, da kein normaler Kündigungsgrund vorliegt, sondern ein besonders schwerwiegender.

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Die fristlose Kündigung ist in § 626 BGB geregelt. Das Dienstverhältnis kann danach von jedem Vertragsteil, sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer, aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Voraussetzung ist, dass Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

Laufen Fristen bei einer fristlosen Kündigung?

Im Gegensatz zur ordentlichen, beziehungsweise fristgerechten Kündigung, wird bei einer fristlosen Kündigung das Arbeitsverhältnis von einem auf den anderen Tag beendet. Die fristlose Kündigung kann sowohl vom Arbeitgeber, also auch vom Arbeitnehmer erklärt werden.

Zwar läuft im Fall der fristlosen Kündigung keine Kündigungsfrist, dennoch muss der Kündigende eine Ausschlussfrist nach § 626 Absatz 2 BGB beachten. Danach kann die Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt.

Die Frist beginnt erst zu laufen, wenn der Arbeitgeber von allen Tatsachen positive Kenntnis erlangt, die notwendig sind, um über das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses zu entscheiden. Ist eine Anhörung des Arbeitnehmers zur Aufklärung nötig, beginnt die Frist erst mit Abschluss der Anhörung.

Beispiel: Der Arbeitgeber erfährt am Montag, den 01.02., dass der Arbeitnehmer Geld im fünfstelligen Bereich aus der Kasse an sich genommen und ausgegeben hat.

Die Frist beginnt am Dienstag zu laufen, da der Tag der Kenntnisnahme nicht berücksichtigt wird und endet am Montag, den 15.02. um 24 Uhr.

Form und Begründungserfordernisse bei fristloser Kündigung

Nach § 626 Absatz 2 Satz 3 BGB muss der Kündigende dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine Wirksamkeitsvoraussetzung für die fristlose Kündigung. Erfolgt keine Begründung, ist die Kündigung trotzdem wirksam – wenn sich der Kündigungsgrund denn beweisen lässt.

Tipp: Sollten Sie fristlos gekündigt worden sein, so empfiehlt es sich, so schnell wie möglich, den Arbeitgeber zur schriftlichen Mitteilung der Kündigungsgründe aufzufordern. Dies können Sie per Brief oder E-Mail machen. Kommt der Arbeitgeber der Aufforderung nicht nach, können unter Umständen Schadenersatzansprüche entstehen.

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Muss ich vor einer fristlosen Kündigung angehört werden?

Eine Anhörung des betroffenen Arbeitnehmers vor einer fristlosen Kündigung ist grundsätzlich nicht erforderlich, um eine Kündigung aussprechen zu können.

Sollte es sich jedoch um eine Verdachtskündigung handeln, ist eine Anhörung erforderlich. Eine Verdachtskündigung liegt dann vor, wenn Ihnen die Begehung einer Straftat oder einer schweren Pflichtverletzung vorgeworfen wird, diese aber nicht vollständig bewiesen wurde. Wie das Wort bereits sagt, geht es nur um einen Verdacht, der Ihnen vorgeworfen werden kann. In diesem Fall muss der Arbeitgeber Ihnen schriftlich oder mündlich ermöglichen, Ihre Stellungnahme abzugeben. Fordert der Arbeitgeber Sie dazu nicht auf, ist eine fristlose Kündigung unwirksam.

Wann gilt eine fristlose Kündigung?

Eine fristlose Kündigung muss einige Hürden nehmen, um wirksam zu sein.

Gründe für eine fristlose Kündigung

Eine fristlose Kündigung ist nur dann möglich, wenn ein bestimmter Sachverhalt zunächst ohne die besonderen Umstände des Einzelfalls an sich geeignet ist, einen wichtigen Grund darzustellen.

Eine fristlose Kündigung kommt aus

• personenbedingten Gründen

• verhaltensbedingten Gründen

• und ausnahmsweise aus betriebsbedingten Gründen

in Betracht.

Betriebsbedingte Gründe sind kaum denkbar. Als verhaltensbedingte Gründe kommen all die Gründe in Betracht, bei denen dem Arbeitnehmer eine steuerbare Verhaltensweise vorgeworfen wird. Ansonsten handelt es sich um einen personenbedingten Grund, bei dem es gerade nicht um ein vom Arbeitnehmer steuerbares Verhalten geht. Personenbedingte Gründe können z. B. Erkrankungen des Arbeitnehmers oder fehlende behördliche Erlaubnisse darstellen.

Durch Arbeitnehmer können erhebliche Störungen im Vertrauensbereich oder im Bereich der betrieblichen Verbundenheit (Betriebsordnung, Betriebsfrieden) hervorgerufen werden. Daneben kann der Arbeitnehmer Verfehlungen im Leistungsbereich oder im Vertrauensbereich begehen. All diese Störungen können einen wichtigen Grund darstellen, wobei es keine absoluten Kündigungsgründe gibt, bei denen auf jeden Fall eine fristlose Kündigung gerechtfertigt wäre.

Ein an sich geeigneter Grund kann z. B.

• die beharrliche Arbeitsverweigerung,

• die Begehung von Straftaten (so z. B. Arbeitszeitbetrug, Unterschlagung, Beleidigungen des Arbeitgebers),

• der Verdacht einer Straftat,

• eigenmächtiger Urlaubsantritt oder

• ein Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot sein.

Keine wichtigen Gründe sind grundsätzlich

• die politische Gesinnung oder

• die sexuelle Ausrichtung

• sachliche Kritik am Arbeitgeber oder an der Unternehmenspolitik.

Des Weiteren muss eine Prognoseeinschätzung ergeben, dass der wichtige Grund sich auch in Zukunft negativ auf das Arbeitsverhältnis auswirken wird und somit dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann. Ein Abwarten der Kündigungsfrist muss für den Arbeitgeber unzumutbar sein. Begeht der Arbeitnehmer erneute eine gleichartige Pflichtverletzung, obwohl er diesbezüglich bereits abgemahnt wurde, liegt der Schluss auf eine bestehende Wiederholungsgefahr nahe und kann somit die Negativprognose bestätigen. Eine bereits Jahre zurückliegende Abmahnung kann diese Folge unter Umständen aber nicht mehr auslösen.

Zu prüfen ist weiterhin, ob eine Abmahnung nicht als milderes Mittel ausgereicht hätte, um den Arbeitnehmer wieder zu einem pflichtgemäßen Verhallten zu bewegen. Dies ist Ausdruck des Ultima-Ratio-Prinzips der fristlosen Kündigung. Sollte die Abmahnung erforderlich sein, was immer dann zu prüfen ist, wenn dem Arbeitnehmer ein steuerbares Verhalten vorgeworfen wird, ist eine fristlose Kündigung ausgeschlossen und eine Kündigung erst im Wiederholungsfall zulässig.

Auch eine ordentliche Kündigung kann als milderes Mittel in Betracht kommen.
Daneben muss der Arbeitgeber auch prüfen, ob nicht eine Änderungskündigung oder Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz vorrangig ist.

Stellt die fristlose Kündigung nicht das mildeste Mittel dar, ist sie unwirksam.

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Wann ist eine fristlose Kündigung wirksam?

a. Interessenabwägung

Ob eine fristlose Kündigung wirksam oder unwirksam ist, bestimmt sich nicht nur starr danach, ob ein wichtiger Grund gegeben ist.

Neben dem Vorliegen eines solchen Grundes, muss die Kündigung auch im Übrigen rechtmäßig sein. Dies ist sie, wenn sich nach Berücksichtigung der Einzelfallumstände und einer umfassenden Interessenabwägung herausstellt, dass die fristlose Kündigung angemessen ist. Es gilt, dass auch Bagatelldelikte zu einer Kündigung führen können. Im Rahmen der Abwägung sind dann die konkreten Umstände zu gewichten und abzuwägen. Hier können Sie als Arbeitnehmer alle für Sie positiv sprechenden Umstände im Rahmen einer Kündigungsschutzklage bei Gericht vortragen.

In der Interessenabwägung werden Gesichtspunkte, wie die Schwere und Beharrlichkeit der Vertragsverletzung, die Anzahl der Verstöße, das Maß eines durch sie bewirkten Vertrauensverlusts und unter Umständen auch Ihre wirtschaftlichen Folgen berücksichtigt.

Die Dauer der Betriebszugehörigkeit spielt ebenso eine Rolle. Haben Sie sich als Arbeitnehmer über Jahre ordnungsgemäß verhalten, muss dies auch im Rahmen einer Abwägung ins Gewicht fallen. So entschied das LAG Berlin-Brandenburg in seinem Urteil vom 16.09.2010 – 2 Sa 509/10, dass eine fristlose Kündigung wegen eines einmaligen Spesenbetruges, Schaden in Höhe von 166,00 €, aufgrund einer vierzigjährigen Beschäftigungsdauer unwirksam ist. Zugunsten des Arbeitnehmers können auch die ihm obliegenden Unterhaltspflichten und die Chancen auf dem Arbeitsmarkt sprechen. Trifft den Arbeitgeber ein Mitverschulden, muss dies auch im Rahmen der Interessenabwägung berücksichtigt werden.

b. Anhörung des Betriebsrates und der Schwerbehindertenvertretung und weitere Zustimmungsverfahren

Wie auch bei der ordentlichen Kündigung muss der Arbeitgeber den Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung anhören, § 102 BetrVG. Dabei kann es vorkommen, dass der Arbeitgeber aufgrund einer zu späten Anhörung des Betriebsrates die Frist des § 626 Absatz 2 BGB verpasst, was in der Folge zur Unwirksamkeit der Kündigung führt. Denn die Anhörungsfrist des Betriebsrates von drei Tagen verlängert die Frist des § 626 Absatz 2 BGB nicht.

Nach § 178 Absatz II Satz 1 SGB IX ist die Schwerbehindertenvertretung vor Ausspruch der Kündigung anzuhören, es gilt auch hier das zur Betriebsratsanhörung Gesagte.

Besteht besonderer Kündigungsschutz, wie im Falle des § 9 MuSchG (Mutterschutz), § 18 BEEG (Elternzeit) oder § 5 PflegeZG (Pflegezeit), ist eine fristlose Kündigung nur mit Zustimmung der zuständigen Behörde möglich.

Wie kann ich gegen eine fristlose Kündigung vorgehen?

Wollen Sie die fristlose Kündigung nicht hinnehmen, so müssen Sie innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung Klage beim Arbeitsgericht erheben. Mit der Klage setzen Sie entweder Ihre Weiterbeschäftig durch, oder handeln unter Umständen mit dem Arbeitgeber eine Abfindung aus, um aus dem Arbeitsverhältnis entlassen zu werden.

Sie sollten gegen eine fristlose Kündigung in fast jedem Fall vorgehen, nur so vermeiden Sie auch Sperrzeiten beim Bezug von ALG und die Ausstellung eines schlechten Arbeitszeugnisses. Wir als Fachanwälte für Arbeitsrecht stehen Ihnen dabei zur Seite, denn eine Klage sollte sorgfältig vorbereitet und in rechtlicher sowie tatsächlicher Hinsicht einwandfrei formuliert sein.

Tipp: Sollte Ihnen eine außerordentliche Kündigung zugehen, kontaktieren Sie umgehend einen Fachanwalt für Arbeitsrecht. Sollten Sie durch die verspätete Inanspruchnahme von Rechtsrat die Klagefrist verpassen, so können Sie gegen die Kündigung gerichtlich nicht mehr vorgehen.

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Fallbeispiele für fristlose Kündigungen

Im Volksmund wird man immer wieder, dass eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sei bei „schlagen, klauen, grapschen“. Richtig ist, dass bei Tätlichkeiten, Eigentumsdelikten (Diebstahl, Unterschlagung) und sexueller Belästigung in der Regel ein Grund für eine fristlose Kündigung gegeben ist. Dennoch ist die Frage nach der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit einer fristlosen Kündigung eine Einzelfallentscheidung. Dies zeigen die im Folgenden angeführten zwei Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts, die sich mit demselben Kündigungsgrund, der sexuellen Belästigung befassen.

Sexuelle Belästigungen von Kollegen oder des Arbeitgebers können eine fristlose Kündigung rechtfertigen. So hielt das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 29.06.2017 – 2 AZR 302/16 eine fristlose Kündigung für wirksam, bei der der Arbeitnehmer einem Fremdfirmenmitarbeiter während der Arbeitszeit zielgerichtet in die Genitalien griff und dies anschließen noch kommentierte. Eine solche Handlung ist eine an sich geeignete Handlung, um einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Absatz 1 BGB darzustellen. Das BAG sah die fristlose Kündigung auch im Einzelfall gerechtfertigt.

Nicht ausreichen ließ das BAG in seinem Urteil vom 20.11.2014 – 2 AZR 651/13 die Berührung der Brust einer Fremdfirmenmitarbeiterin durch einen Arbeitnehmer, der dies damit kommentierte, die Frau haben einen schönen Busen. Nach Ansicht des BAG lag zwar ein an sich wichtiger Grund im Sinne von § 626 Absatz 1 BGB vor, da sowohl verbal als auch körperlich sexuell belästigt wurde. Im Rahmen der Interessenabwägung verneinte das BAG die Rechtmäßigkeit der Kündigung, da der Arbeitnehmer sich über die Unerwünschtheit seiner Verhaltensweisen im Irrtum befand.

Diese beiden Entscheidungen zeigen, dass zwar gewichtige Gründe eine fristlose Kündigung rechtfertigen können, im Rahmen der Interessenabwägung jedoch alle Umstände des Einzelfasses berücksichtigt werden und dazu führen können, dass eine fristlose Kündigung als unverhältnismäßig erachtet wird und in der Folge unwirksam ist.

Bitte beachten Sie, dass unsere Ausführungen eine umfassende Rechtsberatung nicht ersetzen können und keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Wenn Sie weitere Fragen haben oder eine ausführliche Beratung wünschen, nehmen Sie einfach Kontakt zu uns auf.

  • Pascal Croset
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